Im Jahr 1340 stiftet Berthold der Gleissenthaler seinen Hof am Freithof, „auf dem Ulrich der Pfaffenfeindt“ sitzt, an die Heiligen zu Altenstadt. Dieser Hof dürfte die „Keimzelle“ des alten Pfarrhofs in Altenstadt gewesen sein.
Quellentext: 1340, April 7. Freitag vor dem Palmsonntag.
Pertolt der Kleistenthaler (Gleissenthaler) verkauft seinen Hof, den „Kuennhof“, (Kunhof) u. 2 Teile des Zehnten darüber den Bürgern u den Heiligen von der Neustadt d. h. dem Gotteshaus) mit allen Rechten, Holz, Feld, Wiesen, Ackern um 14 Pfund Regensburger Pfennige. Ferner bekennt er, dass er den Heiligen der Altenstadt dem Gotteshaus) das Gut, auf welchem Ulrich der Pfaffenfeindt bei dem Freithof aufsitzet, um seines und seiner Verwandten Seelenheils wegen geschenkt habe.
Zeugen: Wolchmar von Redwitz u. Ulrich sein Vatter von Störnstein, Fridrich der Sneider u. Chunrad der Reder, Bürger zur Neustadt.
Siegler: Der Urkundenaussteller.
Original: Pergament; Siegel anhangend, gut erhalten.
Das heutige Pfarrhaus wird ausweislich der Kirchenrechnungen 1736 1 unter „Einbeziehung älterer Teile“ neu erbaut. Nach Auskunft der heutigen Besitzer, Familie Loistl, sind diese „älteren Teile“ die hinteren Räume im Erdgeschoss links – mit böhmischem Gewölbe und Ziegelboden.
Die Datierung 1736 als Jahr der Erbauung wird durch ein dendrochronologisches Gutachten gestützt. Die Firma Jahrringlabor Hofman in Nürtingen kommt 2007 bei den eingesandten Bohrkernproben aus dem Dachstuhl des Pfarrhauses auf eine Winterfällung 1733/34 bzw. 1735/36. Dies ergibt als Jahr der Errichtung für den Dachstuhl 1736. Diese Datierung deckt sich mit den Schriftquellen in den Kirchenrechnungen der Pfarrei. Laut der Rechnung 1736 werden für den Dachstuhl 20 große Stämme und 10 kleinere Stämme für einen Preis von 12fl erworben. Das Holz stammt aus der Waldabteilung „Baumgarten“ im im Altenstädter Forst 2.
Errichtet wird der Dachstuhl, auch wenn bei einer Ortsbesichtigung im Jahre 2015 keine Signatur aufgefunden werden konnte, durch den Neustädter Zimmermeister Jacob Näger (1722-1739) 3. Dies belegt eindeutig ein Eintrag im den Rechnungen der Pfarrei Altenstadt/WN aus dem Jahre 1737. Dort lesen wir: „am 12.Dezember 1737 Jacob Näger et Consorten wg der im Pfarrhof gemachten S:V: Schweineställ und Zimmermansarbeiten laut spezificierten Zettel bezahlt worden 10fl 22x“ 4.
Die Familie Näger ist im 17. und 18.Jahrhundert eine bedeutende Neustädter Zimmermannsfamilie. Zu ihr rechnen sich auch der Sohn des Jacob Näger, Johann Adam Näger (1750-1789), ebenso wie Johann Michael Näger, Stadtzimmermeister zu Neustadt (1744-1799). Letzterer errichtet 1751 den Dachstuhl der alten Pfarrkirche zu Altenstadt/WN, den er auch signiert.
Bei der Dachstuhlkonstruktion unseres Pfarrhauses handelt es sich um ein zweigeschossiges Walmdach mit sog. Schleppgauben. Nach den Befunden des Amtes für Denkmalpflege wurde der Dachstuhl mit Ziegeln eingedeckt, welche nach Aussagen der Familie Loistl aus der Ziegelei des Kloster Waldsassen stammen sollen. Dies widerspricht allerdings den Kirchenrechnungen, wonach ursprünglich Holzschindel zum Einsatz kommen.
Markanteste Bauperiode für Walmdachpfarrhäuser ist die Zeit zwischen 1700 und 1840. „Diese, als barocken Zeitausdruck zu charakterisierende Bautradition zeigt keine Veränderungen in der Zeit des Rokoko und adaptiert mühelos stilistische Elemente des Klassizismus.“ 5 Sie werden in dieser Form bis Mitte des 19. Jahrhunderts fortgeführt und ebben dann ab.
Walmdachhäuser stehen in einem unmittelbaren Bezug zu ihrer Funktion als Amtshäuser. Neben Pfarrhäusern wurden in dieser Zeit überwiegend Häuser der kommunalen oder herrschaftlichen Verwaltung mit dieser Dachkonstruktion ausgestattet. Wenn man so will, ist dies bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die klassische Form eines Amtshauses überhaupt. (z.B. Meierhöfe – Wöllershof; Schulhäuser – Altenstadt/WN bzw. Neustadt/WN; Landsassengüter – Altenstadt bei Erbendorf) Pfarrherr in Altenstadt war zur Zeit der Erbauung des Pfarrhauses Lorenz Heßler (1734-1744).
„In diesem Zusammenhang wird die Parallelität deutlich, dass der Pfarrer nicht nur eine Person ist, die das Privileg der Steuerfreiheit genießt, die keine sonstigen Abgaben oder Frondienste leisten muss und von der Einquartierung mit Soldaten befreit ist, sondern auch selbst Steuern eintreibt, nämlich die Zehntabgabe. Pfarrhaus oder Speichergebäude auf dem Areal des Pfarrhofes dienen demnach auch als Zwischenlager für diese Naturalabgaben, eine wesentliche Einnahmequelle des Pfarrers in jener Zeit darstellte“. 6
Es ist auf Grund vielfacher Indizien zu vermuten, dass der Pfarrhof 1735 durch den Waldsassener Baumeister Johann Jakob Philipp Muttone 7 (*6.7.1699 + 11.11.1775) oder einen Baumeister aus seinem Umfeld errichtet wird. Der Baustil des Hauses verweist auf Pfarrhäuser in der Umgebung von Altenstadt Luhe, Wurz), welche Muttone eindeutig zugeordnet werden können. Auch wird der Baumeister eben um diese Zeit von den Fürsten von Lobkowitz mit der Bauaufsicht über die Wallfahrtskirche am Felixberg beauftragt 8. Zwischen 1739 und 1742 wird durch ihn der Waldsassener Kasten in Weiden errichtet. Einen Quellenbeleg gibt es jedoch nach Aussage des Denkmalamtes nicht.
Jedoch verweist ein weiteres, fast in Vergessenheit geratenes Detail wenn nicht auf Muttone selbst, so doch auf sein näheres Umfeld. Es ist dies die Anlage eines großzügigen Barockgartens im nahen Außenbereich des Pfarrhauses. Muttone, der selbst seine Profanbauten wie kleine Schlösser anlegte, ließ einen solchen wohl auch in Altenstadt/WN erstellen. Noch im Urkataster des Jahres 1846 ist dieser deutlich erkennbar.
Diesen Garten könnte der Hofgärtner des Fürsten zu Sagan, Johann Dozauer aus Neustadt/WN, angepflanzt haben. Mit Dozauer wird eine weitere Verbindung jener Zeit zum Kloster nach Waldsassen sichtbar. 1730 wird dort der große Klostergarten „jenseits der Wondreb“ durch eben jenen Johann Dozauer, Hofgärtner des Fürsten zu Sagan in „Neustättel“ angelegt. 9
Quellen
[1] Stadtpfarrei Neustadt/WN. Kirchenrechnungen 1736.
[2] Flurkarte NO75-1702 Gemarkung Meerbodenreuth, Bereich Moosöd.
[3] Keine Lebensdaten! Nachweis über die Stadtsteuerbücher; Stadtarchiv Neustadt.
[4] Stadtpfarrei Neustadt/WN. Kirchenrechnung 1736/37.
[5] Marc Hirsch: „Das ist das Haus vom Nikolaus“. „Die Geschichte des Walmdaches als Urform und Idealtyp“; Dissertation; Martin Luther Universität Halle; 2005; S.166ff.
[6] Ebd...
[7] Zu Muttone siehe: Heinrich Ascherl , „Frater Muttone“ in Oberpfälzer Heimat, Bd. 10/1966/ Seite 55ff.
[8] Siehe Piehler/Ascherl , „Chronik der Pfarrei Alt-Neustadt/WN“; Eigenverlag 1970/S.170.
[9] Binhack/Huber, zitiert nach http://www.ila.uni-hannover.de/fileadmin/geschichte_freiraumplanung/documents/Kloster_Waldsassen.pdf
Im Ortsteil Süßenlohe, befindet sich ein Mauthaus aus dem 18.Jahrhundert. Da es sich auf einem Privatgrund befindet, ist es leider seit Jahren unzugänglich. Dies ist bedauerlich, da es in der offiziellen Denkmalliste für Altenstadt/WN geführt wird.
Klassifizierung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege 1: „Mauthaus, eingeschossiger Walmdachbau, Bruchstein, Fenster mit Werksteingewänden, 18. Jahrhundert“ in der Denkmalliste mit der Nummer D-3-74-111-15 registriert.
Das Mauthaus liegt an der Altstraße von Altenstadt/WN nach Parkstein. Hier bildete der Sauerbach (Kronbach) bis 1806 die Grenze zwischen der gefürsteten Grafschaft Störnstein und Kurbaiern (Gemeindschaftsamt Parkstein/Weiden). Hinter einer kleinen Brücke führte dieser Altweg unmittelbar auf das Mauthaus auf bayerischem Territorium zu.
In den Jahren um 1788 führt das Herzogtum Sulzbach ein Provisionalmautsystem ein. In diesem Zusammenhang werden neue Zollhäuser errichtet. Nachgewiesen durch einen Akt im Staatsarchiv Amberg wird das Zollhaus Süßenlohe um 1788 errichtet 2. In den Jahren 1788-1792 versieht dort der Kleinmautner Jacob Phillip Weiß als Zolleinnehmer seinen Dienst 3. Weiß kommt in den Jahren zwischen 1792-1794 durch Ertrinken im Süßenlohweiher ums Leben. Die Zollstation besteht an dieser Stelle nur 18 Jahre. Mit dem Verkauf der Herrschaft Störnstein durch das Haus Lobkowitz im Jahre 1806 an das Königreich Bayern verschwindet auch die „Landesgrenze“.
Quellen
[1] Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Denkmalliste für Altenstadt/WN.
[2] Staatsarchiv Amberg, Fürstentum Pfalz-Sulzbach, Jüngere Hofakten 2164, 1789-1792, „Errichtung neuer Zollhäuser in Dippersricht, Weigendorf und Süßenlohe“.
[3] „Seiner churfürstl. Durchlaucht zu Pfalzbaiern Hof und Staatskalender“ 1799, S.310
Geschichte des Ortes und der Kirche:
Im ältesten Pfarreiverzeichnis der Diözese Regensburg taucht Altenstadt erstmals 1326 auf. Die Bezeichnung „Urpfarrei“ ist demnach gerechtfertigt. Das bedeutet, dass hier ein christliches Zentrum bestand, dessen Aufgabe es war, die Betreuung der Menschen in dem neubesiedelten Raum zu gewährleisten und zu missionieren.
Das Gebiet war früher teilweise von Slawen bewohnt. Vielleicht schon zwischen 950 und 1000 haben Siedler, möglicherweise aus dem Naabtal kommend, sich hier niedergelassen. „Nuiwenmarkt“ war der ursprüngliche Name von Altenstadt. Die Kirche ist um 1150-1200 anzusetzen, als Altenstadt Pfarrsitz wurde. Sie wurde dem Schutzpatron St. Martin geweiht.
Als die neue „Stätte über der Naab“ (= „Neustadt“) um 1300 das Stadtrecht erhielt, wusste man kein schöneres Symbol für das Wappen der Stadt als das Bild des Schutzheiligen St. Martin der Pfarrkirche zur alten Stadt.
Ursprünglich war die romanische Kirche kleiner als heute; sie reichte von den Altarstufen bis zum Eingang an der Westwand. Bei Grabungen im Jahre 1972 wurden Mauerreste freigelegt. Vor dem linken Seitenaltar kann man durch einen Gitterrost in einem Meter Tiefe den Steinboden eine Stufe und einen Säulenrest eines Vorgangerbaues aus dem elften Jahrhundert erkennen. Die Außenmauern sind bis zu einer Höhe von ca. vier Metern noch aus der romanischen Zeit. „Da die Fundamentlage, wie die Grabung des Jahres 2003 belegt, im gesamten Bereich des Langhauses eine identische Quaderbauweise aufweist, darf davon ausgegangen werden, dass das Langhaus bereits in der Romanik in den heutigen Ausmaßen errichtet wurde“ 1.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zur ersten größeren Kirchenerweiterung. Es entstand der spätgotische Chor mit den äußerlich sichtbaren mächtigen Strebepfeilern.
Das älteste Zeugnis sakraler Kunst in unserer Gegend ist der romanische Fuß des Taufbeckens. Ihn schmücken die nahezu voll rund gearbeiteten Figuren der vier Evangelisten mit ihren Symbolen.
Ein Wahrzeichen des Ortes, der wuchtige und wehrhaft aussehende Turm von 29 Metern Höhe, in dem auch die Sakristei untergebracht ist, dürfte der Bauperiode des 16. Jahrhunderts angehören und gibt der Kirchenanlage bis heute ihr wehrhaftes Aussehen. Weitere Umbauten erfolgten 1676 2 durch den Maurermeister Johann Kirchberger und von 1751-1754 durch den Maurermeister Johann Mayer aus Neustadt, der auch St. Felix erbaute.
All diese Erweiterungen und Renovierungsarbeiten wurden durch die fürstliche Familie Lobkowitz, die von 1562 bis 1806 die Herrschaft Neustadt inne hatte, in jeder Weise unterstützt und gefördert. So stammt das gesamte Bauholz aus den fürstlichen Wäldern, und nur „das Beste“ sollte verwendet werden, so die Anweisung von 1751.
Besonders die Ausschmückung der Kirche und der achteckige Taufbeckenaufsatz um 1600, die Rokokanzel um 1754 und die Seitenaltäre 1777 fallen auf 3. Aus dem Jahre 1782 stammt der Hochaltar. Je zwei marmorierte Säulen rahmen das beherrschende Hochaltarbild mit der Darstellung der Himmelfahrt Mariens ein. Ein Bild des Neustädter Malers Johann Albrecht Landrechtinger, geschaffen schon 1689 4.
Mit der Gegenreformation 1626 hatte nämlich der Kirchenpatron gewechselt. Der hl. Martin musste der „Aufnahme Mariens in den Himmel“ weichen. Ab 1687 feierte man am Sonntag nach dem 15. August über 200 Jahre lang den Kirchweihtag.
Vergessen wurde der hl. Martin nicht, er begegnet uns noch: Hell erscheint sein Bild oben im Altaraufsatz. Ein Werk des Neustädter Malers Lorenz Rabusky 5.
Die schönen Deckengemäde stammen vom Ende des 19. Jahrhunderts 6.
Nach dem 1962 vollendeten Bau der neuen kath. Pfarrkirche zur Heiligen Pfarrrkirche, verlor die alte Pfarrkirche an Bedeutung. Schwere Schäden entstanden an Gebälk, Decke, Wänden und Malereien.
Unter großen Schwierigkeiten wurde das historische Gotteshaus von 1989 an renoviert. Nach der 1991 erfolgten Weihe von Volksaltar und Ambo durch Weihbischof Vinzenz Guggenberger erstrahlt es heute in neuem Glanz.
Quellen
[1] Jörg Krämer „Das Fundament der Alten Pfarrkirche zu Altenstadt/WN“; Oberpfälzer Heimat, 50Bd, 2006, S. 19ff.
[2] Es wird durch den Maurermeister Johann Kirchberger aus Neustadt/WN der Chor abgetragen und höher „gesprengt“ und zwei neue Fenster gebrochen.
[3] Schreinerarbeiten: Georg Peter Hautmann und Veit Wenda aus Waldthurn.
[4] Johann Albrecht Landrechtinger, Maler und Bürgermeister in Neustadt/WN.
[5] Lorenz Rabusky, *1745 in Neustadt/WN +1792; Maler; Vater von Thaddäus Rabusky.
[6] Leonhard Thoma, Kunstmaler (1864-1921); Neobarock oder Nazarenerstil.